News 22. 03. 2010

Deutscher Bischof beklagt "Kampagne gegen die Kirche"

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat den Medien in Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen eine "Kampagne gegen die Kirche" vorgeworfen. Journalisten, die über die Missbrauchsfälle bei den Regensburger Domspatzen berichten, warf Müller "kriminelle Energie" vor. In Deutschland lösten die Aussagen des Bischofs Empörung aus.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warf Bischof  Müller am Montag "skandalöse Polemik" vor. "Es ist Aufgabe der Journalistinnen und Journalisten, kritisch über die zahlreichen Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche zu berichten", erklärte die stellvertretende DJV-Bundesvorsitzende Ulrike Kaiser. Bischof Müller polemisiere gegen die Überbringer der schlechten Nachrichten und versuche so offenbar, von den Fakten abzulenken.

NS-Vergleich?

Bischof Müller hatte die Medien am Wochenende im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen heftig gescholten und von einer "Kampagne gegen die Kirche" gesprochen. "Jetzt erleben wir wieder eine Kampagne gegen die Kirche", sagte Müller am Samstagabend in einer Predigt im Regensburger Dom. In deutschen Medien wurde diese Aussage als Vergleich mit den Kampagnen der Nationalsozialisten gegen die Kirche interpretiert. Das Bistum Regensburg widersprach dieser Interpretation. Bischof Müller habe in seiner Predigt daran erinnert, dass Frauen aus Regensburg und Amberg in einer großen Krisensituation 1941 gegen die menschenfeindliche Ideologie der Nationalsozialisten demonstriert hätten, erklärte das Bistum am Montag. Müller habe den vorbildlichen Mut dieser Frauen betont und dazu aufgerufen, in ähnlicher Weise auch heute für Menschenwürde, für den Glauben und für die Kirche einzustehen. Gegen heutige überzogene Versuche in der Öffentlichkeit, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu untergraben, habe der Bischof dazu aufgerufen, "Reife des Glaubens zu haben" und jederzeit auch mit öffentlichen Äußerungen kritisch umzugehen. Es komme laut Müller darauf an, "Reife des Glaubens zu haben, nicht auf all diese Schalmeien wie 1941 hereinfallen, so auch heute nicht."

Medien wollen die Glaubwürdigkeit der Kirche erschüttern

In einem am Sonntag veröffentlichten Hirtenwort erklärte Müller, den Medien gehe es darum, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu erschüttern. Es werde versucht, die ganze katholische Kirche und ihre Einrichtungen in Misskredit zu bringen.

Müller wirft Journalisten "kriminelle Energie" vor

Besonders beklagte Müller in seinem Hirtenwort die Berichterstattung über den weltberühmten Knabenchor "Regensburger Domspatzen". Die Gesichter der Kinder und Jugendlichen, die das Gymnasium des Chores besuchten, würden in Fernsehsendungen in Großaufnahme gezeigt. So werde suggeriert: "Das sind die Opfer und Täter einer Organisation, in der 'sexueller Missbrauch und systematische Verprügelung von Jugendlichen gang und gebe' ist." Die Eltern der "Domspatzen" würden wiederum von Journalisten "angegangen, weil sie ihre Kinder noch nicht aus diesem 'Sumpf von sexueller Gewalt und systematischer Demütigung' befreit hätten", so Müller in dem Schreiben. Dies sei, so der Bischof wörtlich, "nicht nur ein Zerrbild jenseits aller Realität, sondern auch ein Ausweis der kriminellen Energie seiner medialen Urheber".

Kasper kritisiert Müller

Kritik an den Äußerungen des Regensburger Bischofs kam auch aus Reihen der Amtskirche. Der römische Kurienkardinal Walter Kasper distanzierte sich von Müllers Worten. Dem Bayerischen Rundfunk sagte Kasper, die katholische Kirche solle nicht mit dem Finger auf andere zeigen. "Wir sollen unser eigenes Haus in Ordnung bringen", sagte er.

 

 

Links:

- Bistum Regensburg: Ausschnitt aus der Predigt Bischof Müllers am 20.03.2010 im Dom zu Regensburg

- Bistum Regensburg: Hirtenwort des Bischofs zur aktuellen Situation

 

ORF TVthek:

- Missbrauchsfälle - Täglich neue Enthüllungen

 

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