News 21. 03. 2010

Große Enttäuschung bei Missbrauchs-Opfern in Österreich

Mit "großer Enttäuschung" haben Betroffene kirchlicher Gewalt in Österreich auf den Hirtenbrief des Papstes zum Thema Missbrauch in Irland reagiert.

"Wir wollen keine salbungsvollen Worte mehr. Das 'Erschüttert-Sein' allein bedeutet noch gar nichts", heißt es in einer der APA übermittelten Stellungnahme mehrerer Missbrauchs-Opfer, die sich in der Plattform "Betroffene kirchlicher Gewalt" zusammengeschlossen haben. Die Plattform fordert von der Kirche Schadenersatz und hat eine Sammelklage angedroht.

Wollen Taten sehen

"Wir wollen endlich von der Kirche Taten sehen. Dazu gehört die Auslieferung aller Täter, Mitwisser und Helfershelfer an staatliche Gerichte ebenso wie eine Entschädigung und Wiedergutmachung, welche diesen Namen auch verdient", erklärt Klaus F., ein Betroffener, im Namen vieler Opfer in der Stellungnahme. Er hat mit den Erzählungen seiner Erlebnisse die jüngste Debatte in Österreich ausgelöst.

Verein wird gegründet

Die Gründung des Vereins "Betroffene kirchlicher Gewalt" ist derzeit in Vorbereitung. Die Plattform will die Statuten nächste Woche bei der Vereinsbehörde im Innenministerium einreichen. Der Verein soll sich dann nicht nur um die Betroffenen sexuellen Missbrauchs kümmern, sondern auch für Betroffene von Gewaltübergriffen tätig sein.

Schönborn: Entschädigungszahlungen im Einzelfall klären

Kardinal Christoph Schönborn schließ Entschädigungszahlungen für Opfer sexuellen Missbrauchs nicht aus. Diese sollten im Einzelfall geklärt werden, sagt der Wiener Erzbischof in der Montag erscheinenden Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil".  "Normalerweise gehen wir davon aus, dass der Täter Kosten übernimmt", so Schönborn. Freitagabend war bekannt geworden, dass Missbrauchsopfer erstmals in Österreich eine Klage gegen die Kirche vorbereiten. Dazu hat sich der Verein "Opfer kirchlicher Gewalt" gegründet, um eine Sammelklage einbringen zu können. Der Anwalt des Vereins will für die Betroffenen bis zu 80.000 Euro Entschädigung verlangen. Er will zunächst die Ansprüche außergerichtlich geltend machen, für den Fall, dass man sich mit der Kirche nicht einigen kann, droht er mit der Einbringung der Klage.

Festhalten am Pflichtzölibat

Am Pflichtzölibat hält Schönborn in dem "profil"-Interview laut Vorabmeldung fest. "Alle Experten sagen uns, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat gibt. Die meisten Missbrauchstäter sind offensichtlich verheiratete Männer." Forderungen von Laiengruppen nach Zulassung von verheirateten Männern als Seelsorger weist der Kardinal zurück. "Es gibt für die Kirche in Österreich keinen Sonderweg, keinen Weg an den Vorgaben der Weltkirche vorbei." Zur Meldepflicht von Missbrauchsfällen, wie sie gerade in Deutschland eingeführt wird, bleibt Schönborn abwartend: "Da gibt es unter Juristen und sonstigen Fachleuten unterschiedliche Meinungen. Das muss noch weiter diskutiert werden."

 

 

Links:

- Hirtenbrief des Papstes an die Katholiken in Irland

- Diözesane Ombudsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs in der röm.-kath. Kirche

 

ORF TVthek:

- Missbrauchsfälle - Täglich neue Enthüllungen

 

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