News 21. 03. 2010

Papstbrief - "Wir sind Kirche" vermisst konkrete Veränderungen

Der Plattform "Wir sind Kirche" geht der Papst-Hirtenbrief zum Thema Missbrauch in Irland nicht weit genug, sie vermisst vor allem konkrete Veränderungen.

Der Brief sei zwar "geprägt von hoher Anteilnahme und einfühlsamen Worten an die Opfer und Strenge gegenüber den Tätern. Aber er ist in einer spirituellen Sprache abgefasst, die nichts Konkretes aussagt und die keinerlei Veränderungen erwarten lässt. Im Gegenteil: Angesichts der Missbrauchsfälle auf die 'Wunden Christi' zu verweisen, wird wohl nicht verstanden werden und eher befremdlich wirken", heißt es in einer der APA übermittelten Stellungnahme der Plattform.

Strukturelle Analyse fehlt

Ihrer Ansicht nach fehlt eine strukturelle Analyse der kircheninternen Begünstigungen für Pädophilie. Der Papst sehe die Schuld an den Vorfällen ausschließlich bei den einzelnen Tätern, der irischen Gesellschaft und bei einzelnen Bischöfen. "Die Mitschuld der Kirchenleitung durch Vertuschen und Verschweigen wird nur bis zur Ebene der Bischöfe wahrgenommen. Seine eigene Verantwortung als oberster Kirchenleiter spricht er nicht an." Nur an einer Stelle werde kurz von der Schuld "der" Kirche gesprochen, kritisiert der Vorsitzende von "Wir sind Kirche", Hans Peter Hurka.

Strukturelle und persönliche Selbstherrlichkeit

Konkreten Initiativen zum Umgang mit der Situation werde zwar ein ganzer Abschnitt gewidmet, es handle sich allerdings um rein "sakramentale und andächtige Gebräuche", die laut Benedikt im Irland der letzten Jahrzehnte zu kurz gekommen seien. Die Chance, die Kritik von außen und innen als wertvoll zu erachten und sich Hilfe von Expertinnen und Experten (zum Beispiel aus dem therapeutischen Bereich) zu holen, nehme er leider nicht wahr. Grundsätzlich atme der Brief nach wie vor "die strukturelle und persönliche Selbstherrlichkeit, die glaubt, Kleriker wären die besseren Menschen". Besonders irritierend wirkt für die Plattform das Zitat, "der Priester hält den Schlüssel zu den Schätzen des Himmels". Das Verständnis des 2. Vatikanischen Konzils von Kirche als wanderndem Volk Gottes scheine im Vatikan selbst noch sehr fremd zu sein. Kritisch sieht Hurka auch, dass der Papst auf die Missbrauchs-Meldungen aus Deutschland, den Niederlanden und Österreich nicht eingegangen ist.

Gemeinsamer Gottesdienst mit Kardinal Schönborn

Für Mittwoch, den 31. März, lädt die Plattform "Wir sind Kirche" zu einem gemeinsamen Klage- und Bußgottesdienst mit Kardinal Christoph Schönborn in den Stephansdom. Dabei soll den Menschen die Möglichkeit gegeben werden, ihre persönlichen Klagen, ihre Enttäuschungen, aber auch ihre Hoffnungen zu Gott zu tragen. Unter dem Thema "Ich bin wütend, Gott" wird dabei die alte Tradition der Klagepsalmen aufgegriffen und aktualisiert.

 

 

Link:

- Hirtenbrief des Papstes an die Katholiken in Irland

 

ORF TVthek:

- Missbrauchsfälle - Täglich neue Enthüllungen

 

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