News 22. 03. 2010

Scheuer: Papst hört die Opfer und versteht ihr Leid

Papst Benedikt XVI. nehme die Not und auch die Wut der Opfer wahr "und versteht, wenn es ihnen schwer fällt, der Kirche zu vergeben oder sich mit ihr zu versöhnen". Das betont der Innsbrucker Diözesanbischofs Manfred Scheuer nach der Veröffentlichung des Papstschreibens an die irischen Katholiken.

Papst Benedikt XVI. erweise sich im Hirtenbrief zu den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche als "hörend und mitfühlend", so Scheuer. Der Brief, dessen Stärke für den Tiroler Bischof "in der Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit", aber auch der Einbeziehung von strukturellen und rechtlichen Fragen liegt, sei in weiten Passagen auch auf Österreich anzuwenden, so Scheuer. Der Papst sei wiederholt Opfern sexuellen Missbrauchs in der Kirche begegnet und habe deren Verletzung ihres Vertrauens und ihrer Würde wahrgenommen, erinnert Bischof Scheuer in einer Aussendung der Diözese Innsbruck. Im Hirtenbrief benenne der Papst klar das Unrecht und die kriminelle Dimension von Missbrauch und kreide auch das Versagen der kirchlichen Autorität an, gerecht und verantwortungsvoll mit Missbrauchsvorwürfen umzugehen, so Scheuer: "Es gibt keine Relativierung durch statistische Vergleiche, kein 'Auch-Du'-Argument, keine Ausflüchte in frühere Zeitströmungen, keine falsche Entschuldigung der Täter und auch nicht der Autoritäten der Kirche."

Volle Zusammenarbeit mit staatlicher Justiz

Der Innsbrucker Bischof betont zudem, dass der Papst in seinem Schreiben mehrfach die volle Zusammenarbeit mit der staatlichen Justiz beim Umgang mit Missbrauchsvorwürfen einmahnt, und weist auf die klare Worte des Papstes an Missbrauchstäter hin: "Er hält ihnen vor, was ihr Tun für die Opfer und die Kirche bedeutet." Gleichzeitig verlange der Papst, dass nicht nur die Täter, sondern die gesamte Kirche das Unrecht anerkennt, ernste Reue zeigt und den vorgeschlagenen Weg der inneren Heilung, Versöhnung und Befreiung, der Erneuerung und der Wiedergutmachung geht. In diesem Sinn sei der Hirtenbrief des Papstes auch ein spirituelles Dokument, so Bischof Scheuer: "Es geht um einen Umgang mit Missbrauch, wie es der Lehre des Evangeliums entspricht."

Kapellari: "Klare Unterstützung der offensiven Linie"

Der steirische Diözesan-Bischof Egon Kapellari hat den Papstbrief als "klare Unterstützung der offensiven Linie der österreichischen Bischöfe in ihrer jüngsten Erklärung" gewertet. Weiters sei der Hirtenbrief ein "klarer Auftrag, den eingeschlagenen Weg einer umfassenden Aufklärung, Hilfe für alle Opfer und bestmöglichen Prävention für die Zukunft konsequent weiter zu verfolgen", hieß es in einer ersten Reaktion des Bischofs. Gleichzeitig wurde darauf verwiesen, dass Kapellari den Brief erst ausführlich studieren müsse.

Oberhaupt der irischen Kirche: Ein Schritt zum Neuanfang

Der Hirtenbrief ist nach Ansicht des Oberhauptes der irischen katholischen Kirche, Kardinal Sean Brady, ein zentraler Schritt auf dem Weg zu einer Erneuerung der Kirche. "Lasst uns beten, dass dies jetzt der Beginn einer großen Zeit der Wiedergeburt der irischen Kirche wird", sagte Brady am Samstag, nachdem er den Brief in einer Messe im nordirischen Armagh verlesen hatte.

Zollitsch: Brief hat Geltung für die ganze Kirche

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch versteht das Papier als klare Weisung auch für Deutschland. Es habe "Geltung für die ganze Kirche und ist eindeutig eine Botschaft auch an uns in Deutschland", erklärte Zollitsch am Samstag in Bonn. Der orsitzende bezeichnete den Brief als schonungslose Analyse. Dies zeige, dass sich der Heilige Vater dem Problem sexuellen Missbrauchs mit Ernst und mit großer Sorge stelle.

Ackermann betont die "Entschiedenheit" des Papstes

Der Sonderbeauftragte der deutschen katholischen Kirche für die Aufklärung der Missbrauchsfälle, Bischof Stephan Ackermann, sagte: "Die Entschiedenheit, mit der der Papst die Vorgänge und die Untaten beim Namen nennt und auch Aufklärung erwartet - das ist doch sehr deutlich und das werden wir uns auch entsprechend zu Herzen nehmen." "Sehr bemerkenswert" sei, dass der Papst fünf Mal darauf hingewiesen habe, dass die Kirche mit den staatlichen Behörden kooperieren müsse und die Vorgaben der Justiz voll einzuhalten habe.

Cottier: Eine tiefgreifende Antwort

Der Schweizer Kardinal Georges Cottier, bis 2003 Haustheologe im Vatikan, bezeichnete den Brief in der römischen Tageszeitung "La Repubblica" vom Sonntag als "tiefgreifende und vollständige" Antwort, "die sicherlich helfen wird, das abscheuliche Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen zu bekämpfen".

 

 

Links:

- Hirtenbrief des Papstes an die Katholiken in Irland

- Diözesane Ombudsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs in der röm.-kath. Kirche

 

ORF TVthek:

- Missbrauchsfälle - Täglich neue Enthüllungen

 

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