News 10. 05. 2010

Papst nahm Rücktritt von Augsburger Bischof Mixa an

Papst Benedikt XVI. hat am Samstag das Rücktrittsgesuch des Augsburger Bischofs Walter Mixa angenommen. Unmittelbar vor der Entscheidung waren gegen den deutschen Bischof auch noch Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs laut geworden.

Benedikt XVI. wandte Artikel 401, Paragraf 2 des kanonischen Rechts an, wonach ein Bischof wegen Krankheit oder "anderer schwerwiegender Gründe" in den Ruhestand treten kann. Zugleich wurde Mixa auch vom Amt des katholischen Militärbischofs entbunden.

Vorwürfe: Missbrauch, Gewalt und finanzielle Unregelmäßigkeiten

Die Vorwürfe gegen den 69-Jährigen häufen sich unterdessen: Am Freitag wurde bekannt, dass das Bistum Augsburg ihn wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hat. Ende März hatten ehemalige Heimkinder Mixa zunächst vorgeworfen, sie als Stadtpfarrer von Schrobenhausen in den 70er und 80er Jahren zum Teil mit heftiger Gewalt verprügelt zu haben. Der Bischof hatte dies zunächst als "absurd, unwahr" zurückgewiesen, später jedoch Ohrfeigen eingeräumt. Angelastet werden ihm außerdem finanzielle Unregelmäßigkeiten in seiner Zeit an der Spitze der Waisenhausstiftung. Der Missbrauchsvorwurf betrifft die Zeit Mixas als Eichstätter Bischof vor 2005. Damit steht erstmals in Deutschland ein katholischer Bischof unter dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs.

Mixa in Schweizer Klinik

Walter Mixa ließ die Missbrauchsvorwürfe am Freitag über einen Augsburger Anwalt als unzutreffend zurückweisen und erklärte sich zur Zusammenarbeit mit den Ermittlern bereit. Der 69-Jährige hat sich in ein Schweizer Krankenhaus zurückgezogen. Dort wolle er noch zwei Wochen bleiben, um sich untersuchen und wegen "Problemen mit den Schleimbeuteln am Knie" operieren zu lassen, sagte Mixa der "Bild am Sonntag". Nach Informationen aus Kirchenkreisen ist der 69-Jährige wegen eines angeblichen Alkoholproblems in Behandlung. Zum Entlassungsschreiben des Papstes sagte der abgelöste Bischof dem Blatt: "Ich habe die Nachricht gefasst aufgenommen. Den Brief habe ich trotzdem als herzlich und freundlich aufgenommen."

Weihbischof Grünwald ist Diözesanadministrator

Das Augsburger Domkapitel wählte am Samstagnachmittag Weihbischof Josef Grünwald zum Diözesanadministrator. Grünwald übernimmt damit ab sofort, bis zur Ernennung eines neuen Bischofs, die Amtsgeschäfte in der Diözese.

Grünwald verspricht Aufklärung

In einem am Samstagabend veröffentlichten Brief an alle Priester, kirchlichen Mitarbeiter und Pfarrgemeinden des Bistums rief Grünwald zu einem "ehrlichen Neuanfang" in der bayerischen Diözese auf. "Wir stehen vor der großen und schwierigen Aufgabe, verloren gegangenes und beschädigtes Vertrauen wiederzugewinnen", so der Diözesanadministrator. Die Ursachen der Krise müssten benannt werden. Es brauche Raum zu Selbstkritik und Selbsterkenntnis. Grünwald versprach einen "klaren und sachgerechten Umgang" in der Aufklärung aller gegen Bischof Mixa erhobenen Vorwürfe. Das betreffe auch den "schweren Schritt" der Einschaltung der Generalstaatsanwaltschaft in München.

Erleichterung über Annahme des Rücktrittsgesuchs

Führende Katholiken reagierten erleichtert Mixas Rücktritt. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, begrüßte die zügige Entscheidung des Papstes. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, erklärte, der Schritt beende eine Zeit der Unsicherheit im Bistum Augsburg.

Zollitsch: Ein Neuanfang ist dringend notwendig

Zollitsch sagte, die Entscheidung gebe allen Beteiligten die Chance zum Neubeginn: "Einen Neuanfang, den wir dringend brauchen." Die Vorgänge der jüngsten Zeit hätten das Bistum Augsburg und auch die katholische Kirche in Deutschland sehr belastet. "Der Verlust der Glaubwürdigkeit wiegt schwer", sagte der Erzbischof. "Wir wollen den Weg der inneren Heilung, Beruhigung und des Neuanfangs gehen", erklärte Zollitsch weiter, der sich auf eine schriftlich vorbereitete Erklärung stützte und keine Fragen beantwortete.

Schick für Debatte über den Zölibat

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick betonte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", die neuen Vorwürfe gegen Mixa müssten "schonungslos aufgeklärt" werden. Gefragt zu dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche antwortete Schick: "Es ist richtig, dass nun alles herauskommt. (...) Überall, wo etwas unter der Decke gehalten wird, wird alles nur noch schlimmer." Über das Thema Zölibat müsse diskutiert werden, sagte Schick weiter. Er gehöre zwar zur Kirche. "Ich meine, Bischöfe, Ordensleute und Domkapitulare müssen es leben. Ob jeder Pfarrer das Zölibat leben muss, ist eine andere Frage."

Lehmann: Verantwortung für Berufung Mixas liegt bei Vatikan

Begrüßt wurde die zügige Absetzung des Mixas vom Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann. "So etwas habe ich in 27 Jahren noch nicht erlebt", sagte Lehmann in einem am Samstagabend vorab veröffentlichten Interview des ZDF-"heute journals". Es gebe leider immer wieder Menschen, die ihren Aufgaben in der Kirche nicht genügten. "Es bleibt eine erhebliche Verletzung des Vertrauens". Papst Benedikt XVI. schmerzte es sicher sehr, dass es sich ausgerechnet um einen Bischof aus Bayern handle, sagte der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Auf die Frage, ob schon die Berufung Mixas zum Bischof ein Fehler gewesen sei, wies der Kardinal eine Verantwortung der Deutschen Bischofskonferenz zurück. "Da ist unmittelbar der Papst über den Apostolischen Nuntius zuständig, und da wird es schwer, das bis ins Einzelne zu kontrollieren". Er selbst müsse gestehen, von Gerüchten über Mixas Lebenswandel gehört zu haben, aber "die waren in Teilen so unbestimmt und verunglimpfend, dass ich mir selbst kein Bild machen konnte."

Lehmann: Der falsche Zeitpunkt für Zölibatsdiskussion

Den Vorschlag Erzbischof Schicks, den Pflichtzölibat für Weltpriester abzuschaffen, bezeichnete Lehmann als bedenkenswert. Allerdings sei dies der falsche Zeitpunkt für eine derartige Debatte. Im Moment werde zu vieles in der Diskussion über die Kirche miteinander vermischt. Zunächst müssten alle Vorwürfe gegen Walter Mixa geklärt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt seien diese Fragen zu bedenken. "Dann sollte man vor nichts Angst haben." Auf die Frage, ob Benedikt XVI. willens sei, über das Thema Zölibat nachzudenken, antwortete Lehmann: "Ich glaube, dass er längst nachdenkt."

 

 

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